Es ist ein feuchtfrischer Nachmittag am Timmendorfer Strand und in der Trinkkulturhalle, direkt an der Strandpromenade, werden Stühle gerückt. Denn es gilt den Ort zu bereiten für ein grandioses Trio und einen unvergesslichen Abend.

Abi Wallenstein (https://www.abiwallenstein.de/) geb. 08.12.1945 spielte live auf und brachte absolut hochkarätige Musiker zur Unterstützung mit.
Da waren zum einen der einmalige Günther Brackmann (https://guentherbrackmann.de/) geb. 1956 am Flügel und Martin Röttger (https://www.martinroettger.de/) geb. 05.02.1970 an der Cajón.

Spontan und unangekündigt waren da noch die Boogie-Woogie-Twins anwesend, welche es sich nicht nehmen ließen mit den „Alten Herren“ eine, nein zwei, mitreißende Jamsessions hinzulegen. Zusammen mit Günther Brackmann haben die Twins als Trio dem Flügel ganz neue Töne und Moves entlockt. Da hat auch der alte Hase Abi Wallenstein nicht schlecht gestaunt.
Martin Röttger ist ein Virtuose im Bereich Percussion. Er beherrscht nicht nur die verschiedenen Genres am Schlagzeug sondern zeigt auch sein begnadetes Können an der Cajón (auch Kachon bzw. Kistentrommel) und der Handpan (ein mit den Händen gespieltes Blechklanginstrument). Die Präzision und Variation seines Spiels ist durchaus beeindruckend. An dem Abend durfte ich miterleben was so eine „Holzkiste“ an Sound bringt wenn ein Könner seine Finger (und Füße) einsetzt.
Günther Brackmann (nicht zu verwechseln mit Brakelmann aus Büttenwarder) ist ein wahrer Terminator von Flügel und Klavier und gleichzeitig holt er ungeahnte Klangfarben aus diesen Tasteninstrumenten. Er spielt mit vollem Körpereinsatz. Was sich nicht nur auf die Hände bezieht. Mir kommen durchaus alte Großmeister aus dem Bereich Rock’n’Roll, Swing und Boogie-Woogie in den Sinn die hier bestimmt als Impression gedient haben.

Die Boogie-Woogie-Twins sind die Hoffnung das auch in Zukunft diese Genre nicht in Vergessenheit geraten. Egal ob jeder der Beiden an getrennten Instrumenten, gemeinsam an einem Instrument oder wie an diesem Abend zusammen mit Günther an einem Flügel. Die beiden haben den Boogie-Woogie, den Swing und den Rock’n’Roll im Blut und im Herzen. Sind heute schon ohne Probleme in der Lage eine Jamsession zu bestreiten und sowohl klanglich als auch in der Bühnenperformance hochkarätiges abzuliefern. Die beiden Jungs muss man ganz Sicher in der Szene auf dem Schirm haben.
Der eigentliche Gastgeber ist ein Unikum, eine Institution. Ein Musiker, den es nur selten so gibt. Es ist diese stimmige Einheit von der Erscheinung Abi Wallenstein, seiner Stimme und seinem einzigartigen Besteck (Klampfe, Verstärker und den wenigen drei Effekten). Egal wo und in welcher Konstellation Abi auftritt. Er setzt sich schon optisch von den Anderen ab. Ja, man hat immer den Eindruck das man ihn gerade von der Straßenecke auf die Bühne geholt hat. Ohne Schnörkel und ohne Schnickschnack.

Seine Klampfe hat eindeutig viel Musikgeschichte erlebt und geschrieben. Sie zeigt mehr als deutlich die Zeichen von Jahrzehntelang Bespielt werden. Abi hat sie auch ein klein wenig modifiziert (vorsichtig ausgedrückt). Denn die Saiten 1 sowie 2 sind gedoppelt. So in Anlehnung an eine 12 saitige Gitarre. Das bringt dann auch diesen einmaligen Sound der Klampfe.Abi sagt dazu das man ihm bereits verboten hätte weitere Löcher in das Instrument zu bohren und dass das Stimmen der beiden gedoppelten Saiten sehr schwierig ist. Das würde nur unter Verwendung einer Zange gehen. Jedem Gitarrenbauer stellen sich bei dieser Aussage und dem Anblick die Nackenhaare auf.

Sein AMP ist eine „Lunchbox“ auf der, mit ein paar Gummibändern, 3 kleine Effekte fixiert sind. Kompakter, puristischer und individueller geht’s kaum. Es wirkt so „provisorisch“, doch es ist genau das was Abi macht und braucht. Denn das was seinen Sound so perfekt und einzigartig macht das ist Abi selbst. Der Spirit geht direkt von ihm auf den Zuhörer über. Er zaubert aus einem absoluten Minimum an Zutaten einen Sound der einen auf eine fantastische Reise mitnimmt.
Fazit:
Es war genau die Art von Konzert wie ich sie liebe. Keine überfüllten Hallen oder Säle. Künstler nah am Publikum. Zum Anfassen und zum Reden. Keine überladene Technik. Keine überteuerten Ticketpreise, wo man letztendlich in einer hintersten Reihe sitzt und die Darbietung visuell nur auf irgendwelchen Großbildleinwänden erahnen kann und die die Musik mit einer wahrnehmbaren Verzögerung bei einem ankommt. 25,-€ pro Ticket mit freier Platzwahl waren absolut ok. Im Nachhinein hätte ich auch 40,-€ pro Ticket für diese musikalische Qualität und diesen besonderen emotionalen Abend bezahlt.
Auch die angebotenen Getränke waren, selbst für Timmendorfer Verhältnisse, günstig.Auch wenn die Trinkkulturhalle (kein Ahnung warum ich bei dem Namen immer an „Trinkhalle“ denken muss) akustisch durchaus eine Herausforderung für jeden Musiker ist, da der Raum rundum verglast ist, haben die „Alten Hasen“ die Raumakustik sehr gut im Griff gehabt.
Ich ziehe den Hut vor Abi Wallenstein. Das er, in seinem Alter, den Stress und die Strapazen von Live-Auftritten noch so meistert und natürlich wünsche ich ihm die Kraft und Freude diese seine Gabe noch viele Jahre zu leben.
Euer Chris-Rock für RhammeR-Cast